Ramon Förster
Project Manager
IVAM Microtechnology Network
Mar. 10, 2021
Business
Ramon Förster
Project Manager
IVAM Microtechnology Network

Innovative Produkte für mehr Lebensqualität und Sicherheit von Demenzpatienten

Bis zum Jahr 2030 werden, laut Schätzungen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, rund 3 Millionen Bürger in Deutschland von Demenz betroffen sein. Durch den demographischen Wandel wird der Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich steigen. Laut aktueller Statistiken sind Baden-Württemberg/Bayern und NRW die am stärksten betroffenen Regionen. Allein in Nordrhein-Westfalen leiden rund 350.000 Menschen an einer Form von Demenz. Ein Drittel dieser Personen sind mittelschwer bis schwer erkrankt.

Hintergrund: Ratgeber Demenz

Hintergrund: Ratgeber Digitale Pflege

Im Rahmen des im Jahr 2018 gegründeten ZIM-Innovationsnetzwerks KMU4DEMENTIA sollen technische Assistenzsysteme und Softwarelösungen für die Behandlung und Unterstützung von Patienten mit Demenz entwickelt werden. Übergreifend soll eine bessere Gesundheit, eine höhere Lebensqualität und Sicherheit dieser Patienten, deren Angehörigen und ihrer Pflegeteams erreicht werden. 

Das ZIM-Netzwerk KMU4DEMENTIA schafft konkrete technische Lösungen für die Versorgung von Patienten mit Demenz   

https://www.kmu4dementia.net/partner

In diesem Netzwerk sind Partner aus verschiedenen Bereichen eingebunden, um Kompetenzen zu ergänzen und Synergien zu heben. Experten aus den Bereichen medizintechnische Applikationen, Sensorik und Aktorik, IT-Lösungen und der Gestaltung von Raumkonzepten arbeiteten an Themen, wie demenzspezifische Trinksysteme und Raumgestaltung, Orientierungshilfen, Mobilität, Sicherheit, Human-Machine-Interface und technische Integration. 

Die klinischen Partnern St. Marien-Hospital Köln und das Helios Universitätsklinikum Wuppertal bieten den beteiligten KMU und Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, den Input von Ärzten und Pflegern einzuholen, aber auch die entwickelten Produkte in klinischer Umgebung zu testen, um möglichst bedarfsorientiert Innovationen zu entwickeln.

Das Vorhaben zur Gemütserkennung und Gemütsbeeinflussung bei Patienten mit Demenz werde ich in diesem Blogbeitrag genauer erläutern.

Hightech-Gemütserkennung: Schlechte Stimmung zuverlässig erkennen und rechtzeitig gegensteuern

Eine große Herausforderung bei der Pflege von Patienten mit Demenz ist, dass sie unsicher werden, Ängste entwickeln, unkooperativ oder sogar aggressiv werden. Diese Veränderungen im Gemütszustand passieren häufig innerhalb weniger Augenblicke und für Außenstehende oft nicht direkt mit einer Ursache verknüpft. 

Im Rahmen des Projektes sollen von acht beteiligten Partnern Produkte für das Pflege- und Krankenhausumfeld entwickelt werden, die zur Erkennung und Beeinflussung des Gemütes von demenzerkrankten Patienten die sich in stationärer oder ambulanter Pflege befinden, dienen sollen und in Konsequenz Pflegekräfte entlasten. 

Dies ist im Bereich der Versorgung von Patienten mit Demenz besonders herausfordernd, aufgrund der eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten und häufigen nicht-kognitiven Begleitsymptomen. 

Bild von Gino Crescoli auf Pixabay 

Eine Verbesserung des Gemütes oder frühzeitige Erkennung eines negativen Gemütes durch das Pflegepersonal, könnte diese häufig angespannte Versorgungssituation verbessern. Beabsichtigt ist daher, die Entwicklung von demenzsensibler Technologie, die zur Bestimmung des Gemütes und somit auch zur Evaluierung und Durchführung von Maßnahmen der Gemütsbeeinflussung dient. 

Ziel ist es, den Gemütszustand eines Patienten über Sensorsysteme zu erkennen, mittels künstlicher Intelligenz zu interpretieren und rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dies erhöht die Zufriedenheit der Patienten und verringert die Belastung aller Beteiligten, der Pflegekräfte wie der Angehörigen. 

Wichtig dabei ist, dass die Technologie gleichermaßen von Demenzerkrankten sowie von Angehörigen, Pflegekräften und Ärzten akzeptiert wird und eine nachweisbare Verbesserung der Pflege- und Lebensqualität erzeugt.

Die Innovation der handelnden Partner liegt in der Translation und Zusammenführung bestehender Vorentwicklungsprojekte und Technologiekonzepte, um ein zusammengesetztes, intelligent interpretierendes System zu entwickeln sowie Arbeitsprozesse optimal auf den Pflege/Patienten-Alltag anzupassen und Qualitätsindikatoren zu identifizieren. Das Projekt setzt dabei auf den entscheidenden Austausch und dem Initiieren erfolgreicher Verständigung aller relevanten Beteiligten mithilfe von bereits vorhandener Expertise, welche das Konsortium auszeichnet. 

Die Interpretation eines Gemütszustandes von dementiell erkrankten Patienten ist selbst für medizinisches Personal nicht einfach, denn „[…] nur im Anfangsstadium der Krankheit können sich die Betroffenen selbst mitteilen. Später müssen die Angehörigen erfühlen, wie es dem kranken Menschen geht, was er benötigt und was ihm guttut.“ (BMG, Ratgeber Demenz, März 2019).

Bisher fehlen sowohl theoretische Grundlagen als auch die Hardware für solch einen Vorstoß. Es müssen sowohl psychologische Untersuchungen erstellt als auch Programme entwickelt werden, welche mittels künstlicher Intelligenz lernen (KI), die Verhaltensmuster der Patienten zu erkennen und daraus eine Regelmäßigkeit abzuleiten. 

Die Lösung erfordert ein komplexes Zusammenspiel aus Sensorik, Software, KI, Lichtkonzepten und Raumgestaltung

Die Hardware ist in diesem Fall ein komplexes System aus Sensorik und Aktorik. Die Raum- und Gemütssituation muss erfasst und aufgezeichnet werden und anschließend in eine Reaktion umgesetzt werden. Die dafür notwendige Technik muss dafür unauffällig und flexibel in Möbel, Fenster, Türen, Betten, Stühle verbaut werden, um für den Patienten nicht bedrohlich zu wirken.  

Die während der Projektlaufzeit zu entwickelnde Sensorik, Software, KI, Lichtkonzepte und Raumgestaltung stellen zudem als Gesamtsystem einen weitaus höheren Mehrwert dar als Insellösungen und haben ein enormes Zukunftspotenzial. Deshalb ist das Ziel dieses Kooperationsprojektes alle Komponenten miteinander zu vernetzen. 

Die Informationen der unterschiedlichen Sensoren und diagnostischen Komponenten werden gesammelt und verarbeitet. Die verarbeiteten Daten sollen in die IT der geriatrischen Station übertragen werden, um den Ärzten und Pflegenden regelmäßig Updates zum Zustand des Patienten anzuzeigen oder Alarmmeldungen zu erzeugen. Die Daten sollen sich gegenseitig ergänzen und eine sichere Bestimmung der Gemütszustände und Vorschläge für die Behandlung der Patienten ermöglichen. 

Dies ist eine komplexe Aufgabe, da kognitive Erkrankungen und Symptomatik, wie die Demenz eine herausfordernde Anzahl an Dimensionen von Expressionen trägt und damit von einer leistungsstarken technologischen Lösung aufgenommen werden muss.

Hintergrund: Achter Altersbericht der Bundesregierung

Wir wünschen den Projektbeteiligten viel Erfolg bei der Umsetzung des komplexen Vorhabens. Sind Sie interessiert an den Themen des Projektes oder haben Sie weitere mögliche Lösungsansätze oder Produkte für ähnliche Anwendungen? Auch für weitere und ähnliche Projektideen sowie Unterstützung bei der Antragsstellung, der Akquise von Fördergeldern, der Aufstellung eines Projektkonsortiums oder der Projektkoordination sind wir gerne Ihr Ansprechpartner. Kontaktieren Sie uns gerne.