Die Internetsuche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Google ist zwar weiterhin die führende Suchmaschine, doch KI-gestützte Systeme verändern derzeit grundlegend, wie Informationen im Netz gefunden und genutzt werden. Statt einer Liste mit Links zu Webseiten liefern KI-Suchmaschinen direkt strukturierte Antworten in Textform. Der entscheidende Unterschied: Die Inhalte stammen weiterhin von Unternehmen und Organisationen – doch diese werden in den Suchergebnissen häufig nicht mehr genannt. Der Begriff „Zero-Click-Search“ beschreibt dieses Phänomen: Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten Antworten, ohne eine externe Seite anklicken zu müssen – was zu deutlich weniger organischem Traffic führt.
Früher lieferte Google etwa bei der Frage „Wie entferne ich einen Weinfleck aus einer Tischdecke?“ bezahlte Anzeigen und darunter eine Vielzahl organischer Ergebnisse, etwa mit Tipps und Produkthinweisen von Drogeriemarktketten. Heute beantwortet Google dieselbe Frage direkt über die eigene KI-Funktion – ohne Klick auf externe Inhalte.
Ein Screenshot vom 22.06.2025 zeigt: Am Desktop erscheinen zumindest noch Anzeigen und ein einziger organischer Link, sofern die KI-Antwort nicht ausgeklappt wird. Auf mobilen Geräten hingegen sieht man meist ausschließlich das KI-Ergebnis. Für Unternehmen, die über ihre Website Sichtbarkeit erzeugen wollen, kann das erhebliche Konsequenzen haben.
Der Wirtschaftsjournalist Holger Schmidt schrieb in der FAZ vom „Exodus des Google-Traffics“. Besonders betroffen seien Bereiche wie Reisen, Lifestyle, DIY/Home Design und Kochen: Zwar würden dort weiterhin Suchanfragen gestellt, jedoch blieben die Klicks auf die Webseiten aus. In der Folge seien Geschäftsmodelle ganzer Branchen – etwa von Reisebloggerinnen und -bloggern – eingebrochen. Wer beispielsweise die Frage „Was kann ich in New York machen?“ stellt, erhält heute eine umfassende Textantwort der KI – häufig personalisiert, etwa mit Vorschlägen zu Jazz-Clubs, wenn entsprechende Interessen bekannt sind. Die ursprünglichen Content-Ersteller, die diese Inhalte aufwendig recherchiert haben, werden nicht mehr als Quelle genannt und verlieren so ihre Reichweite.
Für mittelständische Unternehmen, insbesondere im B2B-Segment, ist diese Entwicklung keinesfalls zu unterschätzen. Gleichzeitig besteht kein Grund zur Panik. Die klassische SEO-Welt besteht weiterhin – insbesondere dort, wo es um komplexe und erklärungsbedürftige Produkte oder Dienstleistungen geht. Hier wird auch in Zukunft gezielt recherchiert, verglichen und auf vertrauenswürdige Webseiten zurückgegriffen – sei es über Google oder neue KI-basierte Suchdienste. Der Erfolg der KI-Suche liegt in der Bequemlichkeit: Wer einfache Probleme löst, wie etwa das Entfernen eines Flecks, bleibt gerne in der KI-Antwort. Wer jedoch eine pulsationsfreie Mikropumpe sucht, wird vermutlich weiterhin reflektiert recherchieren.
Die KI-Suche markiert einen Paradigmenwechsel: Während sich Google-Suchalgorithmen trotz ihrer Komplexität durch gezielte Optimierung beeinflussen lassen, generieren KI-Systeme Texte probabilistisch. Das bedeutet, dass Antworten aus statistisch ermittelten Textbausteinen entstehen. Der Entstehungsprozess liegt dabei weitgehend im Verborgenen. Ob es eine Korrelation zwischen dem klassischen Google-Ranking und dem Auftauchen in KI-Ergebnissen gibt, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Es ist durchaus möglich, dass auch Webseiten mit geringerer Sichtbarkeit in den KI-Antworten prominent genannt werden.
Beim 8. DigitalMarketingDay der Hochschule Hamm-Lippstadt haben Studierende aktuelle KI-Suchmaschinen wie Perplexity.ai vorgestellt. Einige Unternehmen stellten dabei überrascht fest, dass ihre eigene Sichtbarkeit in diesen neuen Suchsystemen kaum oder gar nicht gegeben war.
Begriffe wie Generative AI Optimization (GEO), Large Language Model Optimization (LLMO) oder Generative AI Optimization (GAIO) kursieren derzeit auf Plattformen wie LinkedIn. Ein einheitlicher Standard hat sich bislang nicht etabliert. Auch Patentrezepte für eine erfolgreiche KI-Sichtbarkeit existieren aktuell nicht – zu dynamisch ist die Entwicklung. Dennoch zeichnen sich einige Orientierungspunkte ab.
Positiv ist: Die bekannten SEO-Regeln scheinen nicht obsolet zu sein. Google selbst gibt Hinweise, wie Inhalte für die eigene KI-Suche aufbereitet werden sollen. So gilt die E-E-A-T-Regel (Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness) weiterhin als Qualitätsmaßstab. Gut strukturierter und relevanter Content bleibt zentral. Unternehmen, die bisher in SEO investiert haben, verfügen über eine solide Ausgangsbasis.
Neu ist: Ziel sollte es sein, in der KI-Antwort selbst oder zumindest als zitierte Quelle genannt zu werden. Klassische Kennzahlen wie Keywords und Klickzahlen verlieren dabei an Bedeutung. Dafür rücken folgende Punkte in den Fokus:
KIs verarbeiten Internetseiten anders als herkömmliche Suchmaschinen. KI-Crawler können anscheinend Inhalte dynamisch geladener Websites nicht erfassen, d.h. Sie sollten alle Inhalte sofort lesbar machen. Es werden von der KI neben Text auch Bilder und Videos verarbeitet. Teilweise werden Text abschnittsweise interpretiert. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie Tiptop-Textabschnitte auf der Website haben sollten, die genau die Userfragen beantworten. Welche Intention haben die Fragenden? Gibt es genau dazu eine präzise Antwort, die man zitieren kann?
Testen Sie regelmäßig ihre eigene Sichtbarkeit bei der KI-Suche. Hier ist hier eine Liste mit KI-Suchmöglichkeiten zu gefügt.
Einen ausführlicheren Leitfaden finden Sie hier.
Die Qualität der Ergebnisse ist immer zu hinterfragen. Eine Untersuchung der Columbia-Universität zeigte, dass KIs z.B. Nachrichten erstaunlich schlecht zitiert haben. Auf der anderen Seite habe ich aber zum Beispiel mit Perplexity gezielt Content gefunden, den ich über Google gar nicht erreicht habe. Die Leistungsfähigkeit von KI-Modell kann schwanken. Ein Update des Modells kann schlechter sein als die Vorversion. Heute ist Google mit seinen Modellen vorne, morgen DeepSeek oder OpenAI. Am Ende des Tages geht es um den Erfolg, für die Menschen, die Content suchen und das beste Tool wird diesen Wettbewerb gewinnen. Bei diesem Wettkampf sind wir nur Zuschauer, die sich rechtzeitig die vorderen Plätze sichern müssen.
Die Internetsuche der Zukunft entsteht gerade. Wer frühzeitig die eigene Sichtbarkeit auch für KI-Suchmaschinen optimiert, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern. Die Anbieter der Systeme – ob Google, OpenAI oder andere – werden ihre Dienste künftig monetarisieren. Wie sich das für ihre Möglichkeiten Sichtbarkeit im Netz zu erzeugen auswirkt ist noch unklar. Auf jeden Fall ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um mit strukturiertem, qualitätsgesichertem Content und technischer Aufbereitung die Grundlagen für die nächste Generation der Suche zu legen.